Basilika

 

Sie wurde zwischen 1087 und 1089 erbaut.

Adresse: Largo Abate Elia 13, 70122 Bari

Wie Sie uns finden: Am Bahnhof Bari angekommen, gehen Sie die via Sparano – Cattedrale – via Carmine – Arco San Nicola – Piazza San Nicola entlang. Über die Kai-Promenade in Richtung Porto – Arco San Nicola – Largo Urbano II – Piazza San Nicola.

Internet: http://www.basilicasannicola.it

Basilika des Heiligen Nikolaus in Bari, ihr geschichtliches Erbe und Kunstschätze

Gerardo Cioffari

Nur wenige von den existierenden Denkmälern verfügen über solchen geistigen Reichtum wie die Basilika des Heiligen Nikolaus (Basilica san Nicola) in Bari. Eine anziehende Wirkung für den  Besucher können entweder ihr Kunststil (Romanik auf fast primitivem Niveau mit den Elementen der hohen formbetonten Erfülltheit), ihre Geschichte (zu Gast im ehemaligen Palast des Katepans waren angesehene historische Persönlichkeiten, sowohl regional bekannt als auch von Weltrang),  der Glaube (der Stein verkörpert hier jenes tiefe religiöse Gefühl, auf dem die mittelalterliche Geistigkeit ruhte) oder ihre ökumenische Mission, die in der modernen Welt immer bekannter wird.

Normannische Eroberung (1071): politische und wirtschaftliche Krisen

Zweifelsohne kann die Basilika eine ereignisreiche Vergangenheit aufweisen, welche zu dem Hof von Katepan, Befehlshaber und Oberhaupt einer byzantinischen Provinz in Süditalien zurückführen. In der Tat ist an dieser Stelle der Fakt zu betonen, dass die Geschichte der Stadt Bari nicht erst mit dem Heiligen Nikolaus beginnt. Die ersten Erwähnungen der Stadt finden wir bereits bei Horatius und Tacitus, ihrem unerwarteten Aufleben im IX. Jahrhundert ging jedoch eine lange Periode der Unbekanntheit voran. In der Zeit der Sarazin-Herrschaft, welche dreißig Jahre (841 – 871) dauerte, erlebt die Stadt einen plötzlichen Aufschwung, baut intensiven Handel mit Syrien und Ägypten auf.

Bari trat auch in der Rolle der Hauptstadt auf.

Im Jahr 1071 ergab sich die Stadt nach langer Belagerung den normannischen Söldnern. Nun wird die einst reichste Stadt des Südens nicht nur von den nahöstlichen Märkten verdrängt, sondern lief sie auch Gefahr, ihren Einfluss in der Region vollständig zu verlieren. Das geschäftige städtische Bürgertum war dadurch gezwungen, seine außergewöhnliche Erfindungskraft an den Tag zu legen, um diese schwierige Lage zu meistern. Das Projekt, auf welches sich alle letztendlich geeinigt haben, bestand darin, die Gebeine des Heiligen Nikolaus zu stehlen. Dies sollte der Stadt wenn nicht ihren einstigen Hauptstadtstatus zurückbringen, dann wenigstens Gewicht als religiöses Zentrum verleihen. Im Mittelalter wurden solche Aktionen häufig durchgeführt und erreichten gewöhnlich  das gesetzte Ziel, d.h. den Verantwortlichen gelang es nicht nur die Stadtbewohner um das heilige Symbol zu vereinigen, sondern auch Gläubige aus anderen Städten anzulocken und damit den Handel in Schwung zu bringen. Und so wurde die von der Staatsmacht vergessene Stadt (das politische Zentrum verschob sich an die Tyrrhenische Meeresküste) endlich wieder lebendig, strotzte förmlich von neuen Ideen und fand auch würdige Akteure für deren Verwirklichung.  Und obwohl sich bereits ein spürbarer Mangel an herausragenden Persönlichkeiten abzeichnete, existierte eine Schicht in der Gesellschaft, welche sich selbst als stark genug empfand. Diese Schicht war die Handelsaristokratie. Trotz der eingebüßten politischen Prestige war die Stadt nicht bereit, sich mit einer Nebenrolle zufrieden zu geben.

Der Ausweg aus der Notlage: Raub der Gebeine des Heiligen Nikolaus (1087)

Die Wahl des Heiligen Nikolaus, muss man sagen, war sehr logisch. In Bari war der Name Nikolaus der meist gebräuchliche, gleich nach dem Namen Johann. In der Stadt existierten bereits drei oder vier auf diesen Namen geweihte Kirchen. Andererseits war Myra (in Kleinasien), die Ruhestätte des Heiligen Nikolaus, damals von Türken überschwemmt. Es würde also niemand die Bewohner von Bari des Diebstahls einer Reliquie bei orientalischen Christen beschuldigen. Außerdem befand sich Myra auf dem Seeweg der Schiffe, die aus Bari nach Syrien unterwegs waren, und es war dadurch nicht schwer, in die Stadt unter dem Deckmantel einer Handelsmission zu gelangen, ohne dafür eine spezielle Expedition auszurüsten. An dieser Stelle muss man erwähnen, dass der Heilige Nikolaus zu der Zeit bereits der wichtigste Heilige im christlichen Kalender war, darum sollte die Anwesenheit seiner Gebeine in Bari eine lebhafte Wallfahrt ermöglichen.

Die Handelsleute von Bari waren in der Lage, eine Lösung zu finden, welche sämtlichen Interessen, sowohl denen von dem Klerus als auch von Handelsgewerbe und Seeleuten diente. Und so nahmen Anfang des Jahres 1087 drei mit Getreide und anderen landwirtschaftlichen Produkten beladene Schiffe Kurs auf Syrien. Es wird somit einerseits jegliche Absicht des Geschehenen ausgeschlossen, andererseits aber wird  in aller Deutlichkeit betont, dass das Projekt seine Herkunft in Bari hatte. Es handelte sich ebendeshalb  um Baresi, die auf ihren Schiffen Waren transportieren, weil Baresi die größten Konkurrenten der Venezianer sind. Die Venezianer spielten übrigens auch mit dem Gedanken, eine ähnliche Initiative ins Leben zu rufen. Nachdem der Handel in Antiochia am Orontes beendet war (wobei die Baresi ihr Getreide verkauften und Stoffe einkauften) und kurz vor dem Ablegen für die Rückreise, bestiegen zwei Wallfahrer das Schiff. Sie befanden sich auf dem Rückweg aus Jerusalem und sollten nun für die Erkundung der Lage in Andriaka sowie als Dolmetscher zum Einsatz kommen.

Wie auch immer, nachdem das Schiff an der Küste angelegt hatte und durch Bewachung gesichert worden war, machten sich 47 Seeleute mit unter den Mänteln versteckten Waffen (auf alle Fälle) auf den Weg, legten die zwischen dem Hafen und der Kirche liegenden drei Kilometer zurück und betraten die Kirche, die sich einen Kilometer von der Stadt Myra entfernt befand. Dabei gaben sie sich für Pilger aus. Sie ahnten da bereits, dass an diesem Ort die heiligen Gebeine aufbewahrt wurden, und nach einer „regen“ Unterhaltung mit vier Mönchen bekamen sie die Bestätigung ihrer Vermutungen. Der junge Matthäus zerschlug den Grabdeckel, nahm die Gebeine heraus und reichte sie den beiden Geistlichen, Lupus und Grimoald. An dieser Stelle wäre die riskante Unternehmung beinahe gescheitert, weil die Seeleute zu streiten begannen, auf welches Schiff sie die Gebeine verladen sollten. Aber der gesunde Menschenverstand siegte und sie begaben sich zurück zu ihren Schiffen, immerzu die Verfolgung von Stadtbewohnern abwehrend.

Auf dem Rückweg liefen die Schiffe mehrere Häfen an. Der Aufenthalt im Hafen San Giorgio in der Nacht auf den 8. Mai war damit zu erklären, dass die Seeleute einerseits nicht wollten, in den Hafen von Bari nachts einzulaufen, andererseits wollten sie die heiligen Gebeine mit den in Antiochia gekauften Stoffen schmücken. Am Sonntag 9. Mai legten die Schiffe in Richtung Bari ab, liefen jedoch in den Hafen nicht ein. Die wartende Menschenmenge war außer sich vor Freude, aber die Schiffskapitäne und die wichtigsten Organisatoren des Raubs stritten sich über den richtigen Ort der Aufbewahrung von Gebeinen. Sie wussten, dass es zu der Zeit keine gewichtige Macht in der Stadt gab. Es stellte sich heraus, dass die am meisten respektierte Person in Bari in dem Moment ein  Abt namens Ilias aus dem Benediktinerkloster war, und genau der bestieg das Schiff und schaffte es, die Kapitäne zu versöhnen. Laut Berichten übergaben die Kapitäne die Gebeine dem Abt, und er bewahrte sie auf, bis die Entscheidung über ihr weiteres Schicksal getroffen wurde.

Von der Katepan-Residenz zur San Nicola-Basilika

Für Bari schlug sich eine neue historische Seite auf. Vorher war diese Stadt die byzantinische Hauptstadt Süditaliens, nun war sie zur Stadt des Heiligen Nikolaus aufgestiegen. Wie eine fränkisch-jerusalemische Legende auffallend betont, erschien in Bari ein neuer Katepan, viel mächtiger als der Vorgänger, und das war der Nikolaus von Myra. Dank der Ilias‘ Tätigkeit, der mittlerweile einstimmig nach dem verstorbenen Urson zum Erzbischof gewählt wurde, waren die Bauarbeiten in der Krypta innerhalb von knapp zwei Jahren beendet.

Am 01. Oktober 1089 kam  Papst Urban II. nach Bari anlässlich der Einbettung der Gebeine in den Altartisch. In den echten Altartisch – denselben wie vor neun Jahrhunderten, wovon die Inschriften der Herzogin Sikelgaita († 1091) und des Grafen Godfred auf den inneren Wänden des Sarkophags zeugen.

Eine Phrase aus den Chroniken des Nikephoros lässt vermuten, dass der Palast des Katepan abgerissen und an seiner Stelle die neue Basilika gebaut wurde. Dennoch weisen viele asymmetrische Elemente (verschiedene Baustile bei den Türmen, Bogenkonstruktionen mit verschobenem Mittelpunkt über den Portalen, die Nordseite ist zwei Meter länger, die Fußbodenmosaiken im Altar und die Säulen des Ziboriums harmonieren nicht miteinander) sowie eigenartiges Dekor des Mittelportals (Ochsen, Sphinx) eher auf einen Umbau der Katepan-Residenz unter Verwendung der Baumaterialien der ursprünglichen Struktur und deren Elemente hin.

Viele Architekturdenkmäler in den oberen Galerien (besonders in den Äußeren) und in der Matroneo, wie übrigens auch viele andere Gegenstände in der oberen Basilika, gehen auf den Zeitabschnitt vor 1087 zurück.

Der Erste Kreuzzug (1096): Löwenportal. Reliquien

Nach Bari kamen nun immer mehr Pilger aus aller Herren Länder, und Abt Ilias ließ den Bau der oberen Basilika fortsetzen. 1096 kamen die besten Vertreter des europäischen mittelalterlichen Rittertums die Treppe der Krypta herunter, bevor sie zur Eroberung von Jerusalem aufgebrochen waren. Denen schlossen sich Bohemund, Fürst von Bargrad, und sein Neffe Tankred an, die als Helden von Tasso (Befreites Jerusalem) gelten. Der berühmte Chronist des Ersten Kreuzzuges Fulcherius aus Chartres erzählte voller Begeisterung über das großartige Ereignis, er beschrieb nicht nur den Besuch, den die Kreuzfahrer der Stadt Bari abstatteten, sondern auch ihren Respekt vor den heiligen Gebeinen. Der Erste Kreuzzug war möglicherweise ein passender Anlass für die Einrichtung der Schatzkammer des heiligen Nikolaus.

1098 erhielt die Basilika eine einzigartige Gabe: ein prächtiges Zeltdach des Saraziner-Anführers  Kerboga, der von Bohemund in der historischen Schlacht um Antiochia besiegt wurde. Leider wird dieses Zeltdach im Archiv der Basilika nicht erwähnt, davon berichten jedoch die Chronisten des Kreuzzuges.

Der Kreuzzug hinterließ Spuren auch im Design der Basilika-Skulpturen. Neben einigen Kampfszenen zwischen Menschen und Tieren findet sich das charakteristische Merkmal dieser historisch gesehen ganz besonderen Zeit im Architrav des Löwenportals.

Irgendwann erscheint Grimoald in der Ereigniskette, ebenjener Grimoald, der in einem Dokument auf dem schönen blauen Pergamentpapier als Grimoaldus Alferanites, gratia Dei et bead Nikolai, Barensis Princeps genannt wird, was übersetzt heißt: Grimoald Alferanit durch die Gnade Gottes und des Heiligen Nikolaus Fürst von Bargrad.

Nach Grimoalds zehnjähriger Herrschaft wird das Sizilianische Königreich ins Leben gerufen, und an die Macht kommt Fürst Roger II, der 1130 zum ersten König der neuen Monarchie wird. Roger der Normanne als Sieger lässt den Grimoald in Ketten legen und verbannt ihn auf Sizilien. 1132 lässt er die Tafel im Architrav der Basilika durch ein Emailleschild ersetzen, das die Szene  seiner Krönung durch den Heiligen Nikolaus zeigt. Außer diesem wertvollen Emailleschild werden in der Schatzkammer die Bretter von der Kiste aufbewahrt, in der die Seeleute die Gebeine des heiligen Nikolaus aus Myra nach Bargrad transportierten sowie ein Gehstock aus Elfenbein von Abt Ilias, die eiserne Paradekrone von Roger II. und Metallplatten zur Anbringung von Türhämmern vom alten Kirchenportal.

Konzil in Bari (1098): Abt Ilias‘ Kanzel

1098 stand Bari immer noch im Mittelpunkt. Der große Denker der damaligen Zeit Anselm von Canterbur, welcher mit seinem Sekretär nach Bari kam, um am Konzil teilzunehmen, ehrte die Gebeine des Heiligen Nikolaus. Das Konzil mit 185 anwesenden Bischöfen, Vertretern sowohl der lateinischen als auch griechischen Bevölkerung Süditaliens, sollte über die „Sache“ des durch den englischen König geächteten und verbannten Anselm verhandeln, beschäftigte sich jedoch dann mit der Frage der vexata quaestio o Filioque, der lateinischen Ergänzung im Glaubenssymbol über die Abstammung des Heiligen Geistes nicht nur vom Vater, sondern auch vom Sohn.

So wie das Löwenportal mit dem Ersten Kreuzzug in Verbindung gebracht wird, so steht das Konzil von 1098 in assoziativem Zusammenhang mit der berühmten Kanzel von Abt Ilias. Ein anonymer Chronist aus Bari schrieb 1120 darüber Folgendes:

Das Jahr 1099 nach byzantinischen Zeitrechnung, d.h. also 1098. Am Morgen des dritten Oktober kam Papst Urban II. in Begleitung von vielen Erzbischöfen, Bischöfen, Äbten und Fürsten. Sie trafen in der Stadt ein und wurden von den Stadtbewohnern ehrenvoll empfangen. Herr Ilias, unser Erzbischof, hatte befohlen, aus diesem Anlass eine prachtvolle Kanzel (mirificat sedem) in der

Kirche von Gottesdiener Heiligem Nikolaus zu bauen. Und der Papst hielt hier eine Woche lang das Konzil ab. Es geht dabei um einen Steinbrocken, dessen oberer Teil nach byzantinischer und der untere nach romanisch-normannischer Traditionen verziert sind. Die Kompositionen sind außergewöhnlich schön. Die vor Zorn und Schmerz verzerrten Gesichter von zwei sarazinischen Sklaven, die die Kanzel stützen, kontrastieren mit der Ruhe ausstrahlenden Gestalt eines Pilgers in der Mitte, welcher voller Dankbarkeit zu der tadellosen, auf dem Thron sitzenden Persönlichkeit hinaufblickt. Der symbolische Sinn der besagten Szene besteht wahrscheinlich darin, dass auf diese Art und Weise dem Abt Ilias gedankt wird, mit seinem Engagement zur erfolgreichen Organisation des Kreuzzuges und somit zu einem sicheren Weg nach  Jerusalem beigetragen zu haben.

 

Die Tätigkeit von Ilias, der am 23. Mai 1105 starb, wurde von Abt Eustachius fortgesetzt. Er besaß einen großen unternehmerischen Geist und gründete das Allerheiligen-Kloster in Valenzano, was nur einige Kilometer von Bari entfernt liegt. In der Zeit von Eustachius in den ersten zwanzig Jahren des XII. Jahrhunderts wurden das Mittelportal und das Ziborium der oberen Basilika aufwendig dekoriert.

Ein Jahr nach dem Tod von Roger II. im Jahr 1155 beschließt die Stadt, aus der Rechtshoheit der sizilianischen Normannen auszutreten und ruft griechisches Truppenkontingent zu Hilfe. König Wilhelm der Böse von Sizilien konnte es sich allerdings nicht erlauben, eine Burg solchen Rangs zu verlieren. Im Juni 1156 belagerte er mit seinem Heer die Stadtmauern und setzte eine Frist von zwei Tagen, in denen die Bewohner mit ihrem Hab und Gut die Stadt verlassen durften. Danach ließ er die Stadt zerstören, wobei auch die Kirche nicht verschont wurde. Nur die Basilika konnte diese Zerstörung überstehen, weil sie für die Normannen als letzte Bastion galt, und außerdem war Basilika ein Ort, der von den Normannen in ganz Europa verehrt wurde.

Zwei Episoden aus der Schwäbischen Herrschaftsperiode sind besonders hervorzuheben: die Einweihung der Basilika im Jahr 1197 und der erste Gerichtsstreit mit dem Konzil. Das erste Ereignis ist im Licht des dritten Kreuzzuges zu betrachten, der durch den Tod von Friedrich I. Barbarossa im Jahr 1190 betrübt wurde. In darauffolgenden Jahren versuchten die Germanen mehrmals, die vom legendären Kaiser angefangene Sache zu Ende zu führen. Eine der letzten Expeditionen war der Kreuzzug von Barbarossas Sohn Kaiser Heinrich VI. Sein bevollmächtigter Vertreter in Italien Bischof Konrad Hildesheim, noch bevor die Schiffe aus Messina ablegten, befahl allen Rittern, nach Bari zur feierlichen Einweihung der majestätischen Basilika am 22. Juni 1197 zu kommen. Über dieses Ereignis berichtet die große Inschrift auf der Frontwand, und die äußeren und inneren Wände der Basilika waren rundherum mit Kreuzen verziert, die man auch heute noch bestaunen kann.

Das zweite Ereignis geht auf die Zeit des großen Kaisers Friedrich II. zurück. Trotz der allgemein bekannten Weltlichkeit seiner Position der Römischen Kirche gegenüber, hielt er sich zurück, bei dem 1226 entfachten Konflikt zwischen dem neuen Erzbischof von Bari Marino Filangieri und dem Basilika-Vorsteher Blandimir mit einem von den beiden Partei zu ergreifen. Als „königliche Kapelle“ durfte die Basilika Ansprüche auf den Schutz ihrer Autonomie von der Macht des Erzbischofs stellen. Es gab aber einen Umstand, der den Kaiser Friedrich zu Neutralität zwang: Der Erzbischof von Bari war sein vertrauter Vertreter vor der Päpstlichen Familie, zumindest bis zum Konzil von 1245. Die verbitterte Konfrontation wurde erst nach dem Tod des Basilika-Klerikers beendet.

Besonders wichtig ist an dieser Stelle, die Einrichtung der Schatzkammer des Heiligen Nikolaus zu erwähnen, welche bis dahin von Kanonikern mühevoll verwaltet wurde. Nach der Einführung der Schatzmeister-Funktion, der zweitwichtigsten nach dem Kirchenvorsteher, begannen die Kanoniker nicht nur die Rechenschaftsberichte über Einkünfte aus allodialem und feudalem Besitz zu kontrollieren, sondern auch die Aufbewahrung von wertvollen Gaben in Form von Kirchenmobilar und Geschirr sowie Kirchenarchive voller Schriften auf Pergamentpapier zu historischen, juristischen und medizinischen Themen zu überwachen.

Die richtige Blütezeit der Architektur erlebte die Basilika jedoch unter der Herrschaft von Robert dem Weisen 1309 – 1343. Die äußeren Bögen wurden zugemauert und von der Innenseite  Familienkapellen drinnen errichtet. So veränderte sich das Interieur der Basilika im Laufe des XIV. Jahrhunderts radikal. Die Seitenwände wirkten von innen nicht mehr monoton und flach, weil sie nun von einer ganzen Reihe von reichlich dekorierten Kapellen geschmückt wurden. In dieser magischen Zeit des großen Umbaus kamen die Gaben der serbischen Zaren nach Bari: der große silberne Altartisch von Stefan Uroš II. Milutin, dem Gründer des großen Serbiens, die große Ikone  von Stefan Uroš III. Dečanski, das Pergament von Stefan Uroš IV Dušan, datiert 1346, auf dem die  Schenkung eines Teils der Einkünfte der Stadt Ragusa (Dubrovnik) zu Gunsten der Basilika beurkundet war.

Auf das Jahr 1359 geht die erste Erwähnung der wundertätigen Säule zurück, die sich heute in einem metallenen Zwinger in der Ecke rechts von dem Eingang in Krypta befindet. Im  Vermächtnis von Nicolo Acciaiuoli, dem einflussreichen Berater der Königin Johanna, wird berichtet, dass der heilige Nikolaus selbst gemeinsam mit zwei Engeln die Säule an diese Stelle platzierte. Das soll am Abend vor der Einweihung der Krypta durch den Papst Urban II. am 1. Oktober 1098 geschehen sein.

Zu dem Zeitpunkt befand sich die Basilika in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation, wovon mehrere hintereinander stattgefundene Veräußerungen von Silber- und Goldgegenständen zeugen.

Der nächste Ausverkauf von Votivgaben und liturgischen Wertsachen geschah 1353 und bezweckte den Rückkauf von Schloss  San Nicandro, das vermutlich im Krieg gegen Ungarn eingebüßt worden war. Als Initiator des Geschäfts trat der neue Schatzmeister Dionysius de Merlino auf, der bei der Auflistung von zu verkaufenden Gegenständen diese als iocalia et vasa, d.h. geringwertig und anonym, bewertet. In Wirklichkeit stand gleich unter Punkt 1 die Statue des Heiligen Nikolaus, fast 25 cm hoch, mit Mitra und Goldzepter des Bischofs, besonders wertvoll, da sie mit vielen Edelsteinen verziert wurde.

1361 stellte derselbe Dionysius de Merlino eine beeindruckende Inventurliste der San Nicola-Schatzkammer – eine fünf Meter lange Pergament-Schriftrolle. Die Namen der Schenker sind darin nur allgemein angegeben.

Zu dem Zeitabschnitt der Aragon-Herrschaft gehören drei Kirchenschiffe, errichtet nach dem starken Erdbeben von 1456.  Das zentrale Schiff, auf dem eine Schlange oder eine große Ringelnatter als Wappen der Sforza-Dynastie zu sehen ist, wurde auf Befehl von Ludovico Sforza il Moro gebaut, dem berühmten Förderer von Leonardo da Vinci und Bramante.

Das XVI. Jahrhundert beginnt mit der Vertäfelung der hölzernen Chorempore, die leider nicht mehr existiert, und dem Bau des prachtvollen Sarkophags von Giacomo Bon Giovanni direkt neben dem rechten Eingang an der Fassade. Giacomo Bon Giovanni war nicht nur Lehrer von Bona Sforza (Tochter der Aragon-Herzogin Isabella), sondern auch Dekan der Kirchenschule in der Basilika. In dieser Epoche durfte die Basilika aufgrund der nicht vorhandenen staatlichen Schulen als eine der wichtigsten Kathedralen der Welt Unterricht erteilen, dabei wurde größtenteils die Bibel studiert. Aus diesem Grund befahl der besagte Bon Giovanni, über seiner Grabstätte ein großes Bild des Schutzheiligen der katholischen Schule Hieronymus anzubringen.

In dieser Zeit wurde auch das Gewölbe umgebaut, was sich zumindest aus den Freskenresten im Renaissance-Stil erschließen lässt. Die bedeutendste Einmischung in das Interieur-Design war zweifelsohne die Errichtung des Bona Sforza-Mausoleums in der mittleren Apside im Jahr 1593, die einige Jahre später durch Malereien auf der gesamten Oberfläche der Apside ergänzt wurde. Die malerischen Werke zeigten Heilige und polnische Könige. Der Bildhauer dieses Denkmals Andrea Sarti aus Carrara besaß kein herausragendes Talent, war aber auf jeden Fall der populärste Bildhauer Neapels Ende des XVI. Jahrhunderts. Bona Sforza, Herzogin von Bari und die mächtige Königin Polens, starb 1557 in Bari und wurde in der Kathedrale bestattet. Ihre Tochter, Königin Anna, bat den Papst um Genehmigung, ihren Leichnam umzubetten, und ihre neue Grabstätte befindet sich nun in der San Nicola-Basilika.

Das wichtigste Werk des XVII. Jahrhunderts ist das große vergoldete Gewölbe des mittleren Kirchenschiffs und Transepts des Malers Carlo Rosa aus Bitonto, der mit seiner Werkstatt zehn Jahre lang (1661-1671) in der Basilika arbeitete. Die Szenen aus Heiligenviten wechseln sich mit Szenen aus Volkstraditionen ab. Wir sehen hier das Bild des Jungen, welcher von Sarazinen entführt und vom Heiligen Nikolaus den Eltern zurückgebracht wurde. Weiter folgen die Szenen der Jungfrauengeburt und Rettung der Seefahrer. Und schließlich erklärt der Heilige Nikolaus auf dem nächsten Bild die Heilige Dreifaltigkeit und zeigt, dass die Einheit Gottes der Dreifaltigkeit der

Personen (Vater, Sohn und der Heilige Geist) nicht widerspricht, genauso,wie die Einheit des Backsteins der Dreifaltigkeit seiner Struktur, Erde, Wasser, Feuer, nicht widerspricht.

Das zentrale Bild ist nicht dem Heiligen Nikolaus, sondern dem Gottesvater gewidmet. Der Heilige Nikolaus erscheint auf den Fresken des linken und rechten Querschiffs, und die Szenen des letzteren Bildes veranschaulichen die Entstehung der Basilika.

Betrachtet man das XVIII. und XIX. Jahrhundert unter dem künstlerischen Aspekt, so war diese Epoche überwiegend vom Barockstil dominiert. Selbst die Krypta war durchgehend mit Barock-Stuckplastiken bedeckt. Zum Glück waren sie auf Säulen und Gewölbe nur aufgetragen, ohne diese vorher einzuritzen, wie das in der Kathedrale der Fall war. Darum war es in den Jahren 1925-1934 eine leichte Aufgabe, den Barock-Stuck zu entfernen, als man beschloss, das Romanische Interieur wieder ins Leben zu rufen.

Die Schatzkammer des Heiligen Nikolaus erlitt einen schweren Schlag, als die Franzosen 1799 die Stadt einnahmen. Am 9. April stürmten sie in die Basilika und erbeuteten fast alle Erzeugnisse aus Gold und Silber. Zum Glück waren die Kanoniker bereits am 12. Januar über die bevorstehende Invasion heimlich in Kenntnis gesetzt worden. Die wertvollsten Sachen konnten sie daraufhin verstecken. Die Plünderung der Schatzkammer durch die Franzosen war jedoch trotzdem spürbar.

Nach der Restaurierung der Basilika bis in das Jahr 1934, infolgedessen alle Familienkapellen zerstört wurden, wurde die Kanoniker-Grabstätte in die Schatzkammer des heiligen Nikolaus umfunktioniert. Hier wurden unter Anderem die große Ikone des Uroš III. Dečanski, die Truhe, in der die Gebeine des heiligen Nikolaus transportiert wurden und verschiedene liturgische Gewänder ausgestellt.

Das XX. Jahrhundert begann unter dem Zeichen der Weltlichkeit und bestätigte die schwere Lage der Geistlichen der San Nicola-Basilika, denen sogar das Recht auf die Annahme von Spenden entzogen wurde. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten wirkten nicht grade verlockend auf Kandidaten  für kirchliches Amt. 1951 versuchte Papst Pius XII., das Problem zu lösen, indem er die Kirche einem religiösen Orden, den Dominikanern der Provincia di Napoli, anvertraute.

Unter den Errungenschaften der Söhne des Heiligen Dominikus kann man mindestens zwei  hervorheben:  den Bau der Ostkapelle im Jahr 1966, wo jeden Sonntag für orthodoxe Gläubige ein Gottesdienst abgehalten wird, und die Gründung 1969 des Instituts für ökumenisch-patristische  und griechisch-byzantinische Theologie, das die nutzbringenden und dank der russisch-orthodoxen Pilgerfahrten nach Bari entstandenen Beziehungen auf ein akademisches Niveau hochhebt.

Diese Veränderungen wirkten sich auf die Schatzkammer aus. Sie war zwischendurch in die  Spendenhalle umgebaut, wo auch Devotionalien verkauft wurden. 1975 wurde der Glockenturm wieder zur Schatzkammer umfunktioniert, mit einigen Veränderungen im Vergleich zur ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Sie finden jetzt hier weder die Ikone des Uroš III. Dečanski, die Truhe für die Gebeine des Heiligen Nikolaus noch kirchliche liturgische Gegenstände. In der neuen Schatzkammer sind oben die Portraits der wichtigsten Kirchenvorsteher zu sehen und unten sind in den Vitrinen Fläschchen mit ätherischen Ölen der heiligen Myrrhe,  Leuchten für das Ewige Licht, russische Ikonen, Silbergeschirr u. a. ausgestellt.

(Aus „Schätze der San Nicola-Basilika in Bari“, M., 2005, S. 25-53)